2015-03-25

Bibelstudium : Jesaja 40,1-11

1 Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott.
2 Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden.
3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!
4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; 5 denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat's geredet.
6 Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde.
7 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!
8 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.
9 Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott; 10 siehe, da ist Gott der HERR! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her.
11 Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte. Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.

Der erste Teil des Buches Jesaja (Kapitel 1-39) enthält die Prophezeiungen, die durch den Propheten Jesaja verkündigt worden sind. Sie beinhalten den Ruf zur Umkehr und drohen mit Strafen und Gericht. Die hartnäckigen Menschen in Israel kehrten nicht zu Gott um, hörten nicht auf das durch die Propheten verkündigte Wort Gottes und wurden letzten Endes durch den babylonischen König Nebukadnezar aus ihrem Land weggeführt. Notgedrungen muss Israel sein Leben in einem fernen und fremden Land fristen. Jerusalem und andere judäische Städte wurden zerstört. Doch am schlimmsten war die Zerstörung des Tempels des HERRN. Aller Reichtum des Tempels wurde geraubt und in den königlichen Palast nach Babylon gebracht.
Vertreibung war für Israel eine Strafe für Sünde. Das Volk Israel war ungehorsam, vertraute nicht in den HERRN, sondern kehrte sich von Ihm ab und ehrte falsche Götter.
Am Ende führte Gott Israel nach vielfacher Warnung in die Verbannung. Die Zeit des unabhängigen israelischen Königtums war zu ende, der Tempel und die Stadt Jerusalem wurden komplett zerstört.
Ob das Volk Israel noch eine Chance auf Rückkehr in sein Land hat?

Im Kapitel 40 des Buches Jesaja beginnt ein neuer Teil, das sogenannte Buch des Trostes. Dieser Teil des Buches, von Kapitel 40 an, wird von einem völlig anderen Ton beherrscht. Es sind Prophezeiungen, die sich an das Volk Israel richten, das in der Verbannung lebt.
Jerusalem liegt in Trümmern und es scheint, als gäbe es keine Hoffnung mehr auf eine Rückkehr. Dies war die Situation etwa 150 Jahre nach dem Tod des Propheten Jesajas (welcher im Jahr 701 v. Chr. starb. Der König Kyros nahm Babylon im Jahre 539 v. Chr. ein).
Jesaja möchte das Volk Israel nicht ohne Trost lassen, nicht ohne Hoffnung auf eine Erneuerung in der Zukunft. Der HERR Gott kümmert sich um Sein Volk. Seine Sorge ist Trost für Gottes Volk in schweren Situationen. Das galt damals für das Volk Israel. Und das gilt für uns Christen jetzt.

Jesaja spricht zu einer Gruppe trauriger Menschen, die alle Hoffnung verloren haben, die brutal aus ihrem Land gerissen worden sind, die gezwungen wurden, in ein fremdes, weit entferntes Land zu schwerer Sklavenarbeit zu ziehen. Sklavenarbeit ähnlich der, die sie unter dem Joch Ägyptens tun mussten.
Das Volk Israel konnte sich einer schönen Vergangenheit rühmen. Sie hatten ein Königreich besessen, mit dem andere Länder gerechnet hatten. Sie hatten Gottes Gegenwart erlebt- und jetzt hatten sie alles verloren.
Zu jener Zeit glaubten alle Menschen um Israel, dass viele Götter existieren. Jedes Land und Volk besaß seine eigenen, durch welche die Einen stärker, die Anderen schwächer waren.
Hatte der HERR, der Gott Israels, gegen die babylonischen Götter verloren?

In diese hoffnungslose Situation hinein ertönt eine Stimme:
Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden.

Gott hat das Volk Seines Bundes nicht vergessen, trotz ihrer Sünden und ihrer hoffnungslosen Situation. Gott spricht zu Seinem Volk, dass Er sie nicht verlässt, dass Er sich danach sehnt, sich ihnen wieder zuzuwenden.
Gott möchte, dass Sein Volk wieder in Freiheit und in Freude lebt, im Bund mit Ihm. Die Sklaverei Israels hatte sich erfüllt. Israel bezahlte die Strafe für seine Sünden. Das Gericht und das Urteil aus dem ersten Kapitel des Buches Jesajas war vollendet. Die Zeit der Strafe war erfüllt. Gott, der HERR ist der treue Bundesgott, der Sein Wort hält. Sogar während Gott das Volk strafte, hörte Er    nicht auf, der treue Bundesgott zu sein.
Gott redet weiter in der Bundessprache zu dem Volk, wie wir auch an anderen Stellen lesen, z.B. in Jesaja 41:8-10:
8Du aber, Israel, mein Knecht, Jakob, den ich erwählt habe, du Spross Abrahams, meines Geliebten,

9den ich fest ergriffen habe von den Enden der Erde her und berufen von ihren Grenzen, zu dem ich sprach: Du sollst mein Knecht sein; ich erwähle dich und verwerfe dich nicht -,

10fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.

Der Herr, der Gott des Bundes, ist ein Gott, der straft, aber Er ist auch ein Gott, der rettet. Der Gott, der Israel aus der Knechtschaft Ägyptens befreite, will es jetzt aus der babylonischen Knechtschaft befreien.

Der Herr Gott ist der Herrscher. Er war es, der das Herz des ägyptischen Pharaos verhärtete, aber auch Israel trotz der starken ägyptischen Armee befreite. Gott befreite Sein Volk und benutzte dazu verschiedene Mittel, die aus menschlicher Sicht manchmal seltsam erscheinen.  Gott macht, dass die Heiden, der persische König Kyros mit Hilfe der medischen und persischen Armeen, Babylon einnehmen und auf diese Weise Kyros der König der größten Monarchie der Welt wird.
Diese Situation erlaubt dem Volk Israels die Rückkehr nach Jerusalem, um dort zu leben und ihren Gott anzubeten. Gott sagt zu Kyros: Mein Hirte! Er soll all meinen Willen vollenden (Jesaja 44, 28).
Gott nennt Kyros sogar Gesalbten, also Messias (Jesaja 45,1).

In Babylon lebte Israel unter anderen Kulten und Göttern. Dort befand sich der riesige Tempel des Gottes Marduk. Für ihn bauten die Babylonier einen riesigen Turm, den sogenannten Zikkurat, fast hundert Meter hoch, also höher als der Großteil der zeitgenössigen Gebäude. Ein solches Gebäude sah imposant aus, also musste der Gott, für den es gebaut wurde, stark sein.
Aber Gott sagt: So spricht der HERR, der König Israels, und sein Erlöser, der HERR Zebaoth: Ich bin der Erste und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott. (Jesaja 44,6) Der Gott Israels ist der einzige Gott, es gibt keinen außer Ihm. Dass zu dieser Zeit der Tempel Gottes in Trümmern liegt, ändert nichts an dieser Tatsache. Zikkurat beweist nicht die Existenz eines babylonischen Gottes. Gott ist nur Einer und Er ist in der Lage, Sein Volk zu befreien.

Gott kehrt sich zu Seinem Volk, aber es gilt, sich auf Seine Ankunft vorzubereiten. Die Stimme sagt: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserem Gott! (Vers 3). Man muss also den Weg für Gott bereiten.
Die Wege im Nahen Osten in dieser Zeit waren nicht gut und komfortabel. Es gab viele Schlaglöcher und Unebenheiten, besonders um die Regenzeit.
Damals existierte der Brauch, dass vor einem geplanten Besuch des Königs, der eine Stadt in seinem Königreich zu besuchen wünschte, Herolde ausgesandt wurden. Gesandte, die alle Einwohner informierten, dass der König sich für einen Besuch bei ihnen entschieden hat. Dies bedeutete zu jener Zeit, dass die Leute sich engagiert an die Arbeit machten, um die Wege auszubessern, damit sie gut aussahen und -was am wichtigsten war- befahrbar waren. Alle Löcher wurden geflickt, alle Unebenheiten geebnet (Vers 4).
Der Text spricht davon, einen Weg durch die Wüste zu bereiten, durch, wie im Hebräischen genau heißt, sehr wildes und unkultiviertes Gebiet. Umso mehr ist es hier nötig, den Weg für den König gut zu bereiten, denn der Weg ist in einem schlimmen Zustand, weil er durch die Wüste führt, durch die Steppe, durch das wilde Gebiet.

Gott möchte zu Seinem Volk kommen, aber die Leute müssen den Weg vorbereiten, sie müssen sich auf die Ankunft des HERRN vorbereiten.
Gott hatte Israel wegen seiner Sünden verlassen. Unsere Sünden sind das Hindernis, denn Gott ist heilig. Im Gesetz Moses' finden wir viele Vorschriften, die aufzeigen, wie der Mensch zu Gott kommen kann. Es geht nicht einfach so, denn Gott ist heilig und wir sind Sünder.
Wir müssen den Weg für den HERRN vorbereiten, das bedeutet, mit unseren Sünden brechen und zu Gott zurückkehren, also uns bekehren.

Im weiteren Text lesen wir (wieder), warum der HERR kommt: denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat's geredet. (Vers 5)
Durch die Befreiung des Volkes Israels offenbart der Herr Seine Ehre, ähnlich wie früher durch die Befreiung aus Ägypten. Die ganze Menschheit hört von den großen Taten Gottes.
Schon im Alten Testament finden wir einen universellen Aspekt. Die Worte des Herolds sind an die ganze Welt gerichtet. Letztendlich ist die gute Nachricht, dass Gott Sein Volk heimgesucht hat, die Gute Nachricht für die ganze Welt. In Christus hat Gott Sein Volk heimgesucht, die Menschheit heimgesucht. Und am Kreuz hat Christus die Menschheit von der Knechtschaft der Sünde befreit, damit wir zum Vaterland zurückkehren können, welches für uns das Königreich Gottes ist.
Der Mund des Herrn hat es geredet. Das ist die Garantie, dass es wahr ist, weil Gott treu ist und Sein Wort hält.


Wir lesen weiter: Eine Stimme spricht: 6 Rufe! Und ich sage: Was soll ich rufen? - Alles Fleisch ist Gras, und all seine Anmut wie die Blume des Feldes.

7 Das Gras ist verdorrt, die Blume ist verwelkt, denn der Hauch des HERRN hat sie angeweht. Fürwahr, das Volk ist Gras.


Der Ausdruck, der hier mit Anmut übersetzt wird, heißt auf Hebräisch hesed. Dieses Wort hat viele Bedeutungen und ist in der Bibel sehr wichtig. Es bedeutet hauptsächlich Barmherzigkeit und Güte, aber auch Kraft, bzw. Loyalität oder Solidarität.
Es ist ein Ausdruck, der oft in den Texten gebraucht wird, die über den Bund sprechen. Gott ist „loyal“ gegen Sein Volk, aber Gott erwartet auch Loyalität vom Partner dieses Bundes, nämlich dem Volk. Die Loyalität des Menschen ist oft von kurzer Dauer, wie die Blume des Feldes: all seine Loyalität ist wie die Blume des Feldes...
Der Mensch ist nichtig, er verdorrt schnell wie das Gras. Fortwährend enttäuscht er und hält seine Versprechen nicht, fortwährend wendet er sich ab von Gott. Das Gras verwelkt, die Blume verdorrt, aber Gott ist ganz anders: Aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit.

Wenn dem Menschen bewusst wird, wo sein Platz ist und wer er ist gegenüber Gott, wenn der Mensch erkennt, dass er sündig ist gegenüber dem heiligen Gott und umkehrt, dann wird der Weg für Gott bereitet, dann kann Er kommen.
10 Siehe, der Herr, HERR, kommt mit Kraft, und sein Arm übt die Herrschaft für ihn aus. Siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Belohnung geht vor ihm her.

11 Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte, die Lämmer wird er in seinen Arm nehmen und in seinem Gewandbausch tragen, die säugenden Muttertiere wird er fürsorglich leiten.


Der im Hebräischen verwendete Name des Bundesgottes, den die Juden aus Respekt vor Ihm nicht aussprechen, ist JHWH, HERR. Der allmächtige Gott kommt, stark, der einzige Gott, aber Er ist auch JHWH, der Gott des Bundes.

Gott ist nicht nur stark. Er ist auch der Gute Hirte für Sein Volk. Jesaja spricht von Gott als von dem Hirten. Das erinnert uns wörtlich an Psalm 23 oder auch an die Gleichnisse Jesu über den guten Hirten. Ähnlich wie der Hirte voller Fürsorge und Liebe zu seiner Herde ist, so ist der allmächtige Gott voller Liebe zu seinem Volk.

Im Neuen Testament lesen wir über Johannes den Täufer, der das Volk Israel zur Umkehr rief: denn das Himmelreich ist nahe gekommen. Johannes der Täufer ist der Herold, der den Weg bereiten soll, denn endlich besucht der lange erwartete HERR Sein Volk. Das Volk Israel kehrte zwar aus dem babylonischen Exil zurück, aber das bedeutete für sie nicht das tatsächliche Ende des Exils. Viele Juden in der Zeit Jesu merkten, dass sie weiterhin im Exil lebten und die Strafe verlängert wurde. Nach der Rückkehr aus Babylon gewann Israel nicht sein unabhängiges Königreich, sondern lebte unter der Besatzung der Römer. Das unabhängige Königreich, in dem große Könige aus dem Geschlecht Davids auf dem Thron sitzen, schien abwegiger als je zuvor.
Da verkündigte Johannes der Täufer: Denn dieser ist der, von dem durch den Propheten Jesaja geredet ist, der spricht: "Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade!" (Matthäus 3, 3, zitiert nach Jesaja 40, 3).
In Christus Jesus besucht Gott endlich Sein Volk, in Jesus kam Gott auf die Erde, um unter Seinem Volk zu leben. Und am Kreuz hat Jesus wahrhaftig die Menschen aus der Sklaverei der Sünde befreit.
Christus ist der König aus dem Geschlecht Davids. Nicht in der von vielen Juden erwarteten Art, sondern in höherem Maße. Er ist der König des Königreiches Gottes, das während Seines Lebens begann.

Israel wurde für seine Schuld bestraft. Es war eine Strafe und gleichzeitig ein Symbol für die wahrhaftige Strafe. Niemand ist imstande, die Strafe für die Sünde zu tragen, nur Jesus konnte sie am Kreuz tragen. Nur in Christus können wir sagen, dass unsere Schuld vergeben ist (Vers 2).

Der Prophet Jesaja richtet seine Worte nicht nur an Israel, das während der babylonischen Verbannung in einer hoffnungslosen Situation lebte. Die Worte Jesajas sind auch an uns gerichtet, die wir heute in der hoffnungslosen Situation der Verbannung und Knechtschaft durch die Sünde leben.
Oft erscheint es uns nicht so schlimm. Oft urteilen wir, dass sich die Situation in unserem Fall als nicht so hoffnungslos darstellt, zählen wir uns doch nicht zu den größten Sündern. Oft wollen wir auch einfach nicht ehrlich auf uns selbst sehen, denn die Konfrontation mit den eigenen Sünden ist unbequem.  Wenn wir aber zur völligen Ehrlichkeit gelangen, werden wir zugeben, dass wir nicht frei sind von Sünde. Wir sind nicht in der Lage uns selbst mit eigener Kraft aus dieser Knechtschaft der Sünde zu befreien. Eine hoffnungslose Situation.

Die Voraussetzung, dass Gott zu uns kommen kann, ist den Weg für den HERRN zu bereiten, also sich zu bekehren. Was bedeutet das? Die Löcher im Weg zu flicken, den Müll wegzuwerfen, also die Sünde und den sündigen Lebensstil zu verwerfen, das Wegwerfen aller Hindernisse, die das Kommen des Königs zu Seinem Volk erschweren.
In dieser Weise öffnen wir uns für Gott, für den König Jesus. Dieses tröstende Wort, dass Jesaja sagte, betrifft auch uns, betrifft jeden, der an Christus glaubt.